Alice Springs - 2. Tag

Unser erstes Ziel heute Morgen ist die "School of the Air". Sie liegt direkt neben der städtischen Grundschule. Barbara empfängt uns (wir sind die einzigen Besucher) und als ich erzähle, dass ich Lehrerin im Sabbatical bin, plaudert sie gleich begeistert los.
ACHTUNG, wer jetzt kein Lehrer ist, muss unten weiter lesen oder sich langweilen!
Die Schule besteht eigentlich nur aus zwei Studios, einem Besucherraum, wo man einen Film über die "School of the Air" und wie sie bei ihren weit entfernten Schülern im outback ankommt, sehen kann und aus dem Vorraum, in dem wir gerade stehen. Hier werden Souvenirs der Schule verkauft und hier kann man auch durch eine Glasscheibe den Unterricht verfolgen, wenn man zu Unterrichtszeiten kommt. Anderenfalls sieht man Mitschnitte von Stunden auf einem Monitor.
Leider ist samstags keine Schule und so sehen wir nichts live. 
Die Schule ist eine normale öffentliche Schule, was das Curriculum und den Schuljahresablauf betrifft. Zur Zeit sind etwas über 100 Schüler zwischen 4,5 Jahren (Preschool) und 12/13 Jahren (7. Schuljahr) eingeschrieben. Sie wohnen zwischen 80 und 1009 km von der Schule entfernt auf Rinderfarmen, in Aboriginegemeinden, in Touristenorten und Nationalparks, auf Militärbasen u. Ä. Jedes Jahr werden sie einmal von ihrer Lehrerin besucht und drei- bis viermal im Jahr verbringen sie eine Woche in ihrer Schule in Alice Springs für Sportfeste, Abschlussarbeiten oder andere besondere Ereignisse. 
Alle Schüler haben ein vom Staat finanziertes, geliehenes Internetequipement (Satellitenschüssel, PC etc.) Schulbücher und Material bekommen sie mit dem Postflugzeug geschickt. Denselben Weg nehmen dann auch bearbeitete Dinge oder bestimmte Hausaufgaben zurück. 
Die Unterrichtszeit beträgt je nach Alter zwischen 30 Minuten (eine Unterrichtsstunde) und einem Vielfachen davon. Danach wird allein, bzw. mit einem Tutor weitergearbeitet. Ein Tutor ist entweder ein Elternteil, oder eine von der Familie eingestellte Person, die bei ihnen lebt und die das Kind bei der Erledigung der Aufgaben unterstützt und Rückmeldung an die Lehrerin gibt. Diesen Job machen oft auch junge Leute, bevor sie ihr Lehramtstudium beginnen. 
Die Lehrerin sitzt morgens im Studio und stellt Internetkontakt zu ihren 5 bis 14 Schülern her. Diese melden sich und können per Chat mit der Lehrerin interagieren. Die Lehrerin unterrichtet mit Blick in die eine Kamera und koordiniert gleichzeitig eine andere Kamera für das Whiteboard oder Demonstrationsmaterial. Kinder können sich per Computer wie in einer Klasse melden, wenn sie etwas sagen wollen. Und wenn dann vor der Studioscheibe noch 50 Besucher sitzen, die alles mithören und -sehen, dann ist schon volle Konzentration gefragt ...
Natürlich gibt es, wie bei anderen auch, oft technische Probleme, für die dann IT Fachleute da sind, die aber verständlicherweise den kompletten Ablauf durcheinander bringen, zumal aus diesen zwei Studios der tägliche Unterricht für alle Klassen gesendet wird. Da kann man nicht mal schnell den Unterrichtsort oder auch nur das Thema wechseln. Schwellenpädagogik ist hier nicht nur wegen der unbekannten Vokabel ein Fremdwort! Auch bei den Kindern sind solche Schwierigkeiten häufiger, die dann durch telefonischen Support versucht werden, zu beheben. Gar nichts geht allerdings mehr, wenn - wie bei Nick - Papa die Satellitenschüssel mit dem Traktor kaputtfährt! 
Nach dem 7. Schuljahr müssen die Kinder dann in ein Internat wechseln, oder weiter die Fernschule in Darwin "besuchen". 
HIER geht's jetzt für die Schulmüden weiter:
Heute können wir mein Handy wieder abholen! Es sieht aus wie neu und sogar der rausgefallene Homebutton war noch zu gebrauchen. Also eine relativ erschwingliche Reparatur! 
Der obligatorische Besuch der Telegrafenstation, eine von 12 auf dem Weg von Adelaide nach Darwin, die ab 1872 bis zur Verbreitung des Telefons die Kommunikation per Morsecode sicherstellte, folgt. Am Interessantesten ist hier jedoch, von der dunklen Seite der Geschichte zu erfahren: Mischlingskinder von englischen Offizieren und Aborigenemüttern, die für die Offiziere arbeiteten, wurden ihren Müttern weggenommen und - die Väter kümmerten sich sowieso nicht um sie - an europäische Paare zur Adoption vermittelt. Vorher wurden diese Kinder in einem eigens errichteten Gebäude auf dem Gelände kaserniert, und zwar vom Kleinkind bis zum Jugendlichen! 
Einige herzzerreißende Geschichten konnte man auf Infotafeln lesen. 
Anschließend fahren wir in die Stadt zurück und gehen zum "Reptile Centre". Hier kann man jede Menge australische Reptilien besichtigen, unter anderem 18 von 20 giftigen Schlangen! Wir schlendern an den Terrarien entlang und meistens ist das Anschauen der Insassen ein Suchspiel,  da sie bestens getarnt sind. 
Um 13 Uhr gibt es eine kleine Livevorführung. Wir lernen einen "Blue Tongue Skink" kennen, eine Eidechsenart mit einer blauen Zunge, um Fressfeinden vorzugaukeln, sie sei giftig und eine Bartagame, wie wir sie gestern vor unserem Häuschen hatten. Wir dürfen die Tiere auf die Hand nehmen und als Wechselwarme genießen sie die Wärme des menschlichen Körpers. Diese zahmen Exemplare jedenfalls! 
Und dann wird die "Olive Python" aus der Kiste geholt! Sie ist noch nicht ausgewachsen, aber schon 1,5m lang und wie alle Pythons eine Würgeschlange. Auch sie darf man anfassen, bzw. auf den "Arm nehmen"! Mir wird sie um den Hals gelegt. Ein tolles Gefühl, jeder Zentimeter dieses Tieres ist reiner Muskel und wie sie sich so festhält und schlängelt hat man eine Idee, wie sie ihre Nahrung (bis zur Größe eines Wallabies) zu einem regungslosen Paket quetscht, um sie in einem Stück zu verschlingen. Wir erfahren, dass es zwar viele wirklich giftige Schlangen in Australien gibt, dass die aber alle, im Gegensatz zu denen in anderen Erdteilen, nur extrem kurze Giftzähne haben (max. 2-3mm lang). Also, wenn man feste Schuhe in offener Landschaft und dazu noch lange Hosen in zugewachsener Landschaft anhat, dringt der Zahn niemals bis zur Haut vor! Entspannung in Hinblick auf diese Gefahr! 
Wir sehen in der Ausstellung auch noch viele kleine Geckos, einige Eidechsen, die wir schon getroffen haben und einen "Thorny Devil", ein martialisch aussehendes Reptil, das absolut harmlos ist und seine Dornen benutzt, um optisch zu beeindrucken und um damit Wasser von feuchten Gräsern abzustreifen und es seinem Körper zuzuführen!
Inzwischen ist es mal wieder über 40 Grad heiß!  
Die "Festplatte", wie Eckhardt sagt, ist für heute voll. Wir kaufen noch ein paar Souvenirs für Zuhause und gehen noch kurz fürs Abendessen einkaufen.
Im Resort springen wir in den besten Pool, den wir auf unserer langen Reise bisher hatten. Abends gibt's wieder Selbstgekochtes. 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0